Ein Versuch der Lokalisierung - Teil 1

Anfang April 2012 wurde der letzte Teil der ehemaligen Jungenfeldschen Mühle abgerissen. Vermutlich bestand die Mühle über 650 Jahre an diesem Standort. Mit ihr verschwindet erneut und unwiderruflich ein Teil der Finther Geschichte aus dem Gedächtnis der Einwohner.

 

Die Geschichte der Finther Mühlen, ihrer Besitzer und ihrer Pächter ist zum jetzigen Augenblick nur unzureichend dokumentiert. Es wird noch viel Forschung notwendig sein, vielleicht im Rahmen einer Doktorarbeit, ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten. Der vorliegende Aufsatz behandelt das Thema daher keineswegs abschließend, er spiegelt den momentanen Stand unseres Wissens auf Basis bekannter Quellen und derer Interpretation.

Die Bedeutung der Mühlen an sich, die Aspekte der Grundherrschaft und das mittelalterliche Lehenswesen können an dieser Stelle ebenso wenig behandelt werden wie die ausführliche Sozialgeschichte ihrer Besitzer und Bewohner. Auch auf eine detaillierte Baugeschichte muss aufgrund fehlender Quellen weitgehend verzichtet werden. Im Falle der Jungenfeldschen Mühle könnte nur die Archäologie mittels ausführlicher Untersuchung des Geländes mögliche Antworten und gesicherte Erkenntnisse geben. Obwohl noch erhebliche Lücken klaffen, die vielleicht nie geschlossen werden können, bleiben uns dennoch genug Informationen, um einige Rückschlüsse zur Geschichte der Finther Mühlen ziehen zu können.

 

Erwähnungen Finther Mühlen in mittelalterlichen Quellen

Die älteste und damit bislang erste bekannte Erwähnung einer Mühle in Finthen finden wir für das Jahr 1356. In der „Beschreibung der Güter des Ritters Eberhard von "Badenheim" (Bodenheim) in der Dorfmark „Funthen“ (Finthen)“ dient sie als örtlicher Bezugspunkt, um die Lage seiner Besitztümer in räumlichen Bezug zu dieser Mühle zu setzen. Dort heißt es: "aput molendinum, 11/2 Joch Weingarten,“ und etwas weiter unten: „retro molendinum, 1 Stück Weiden in Auen".

Aus der Urkunde wird zwar deutlich, dass besagter Ritter Eberhard Güter bei und hinter jener Mühle besaß, die genaue geografische Lage sowie deren Eigenname fehlen jedoch. Eine Lokalisierung alleine durch diese Quelle ist deshalb zunächst nicht möglich. Die relativen Ortsangaben „aput molendinum (bei der Mühle)" und "retro molendinum (hinter der Mühle)" erhalten sich allerdings über die Jahrhunderte hinweg und entwickeln sich zu eigenständigen Flurstücksbezeichnungen. Über diese kann dann wiederum auf die geografische Lage der Mühle zurück geschlossen werden, wie weiter unten im Text noch deutlich wird.

Am 22. April 1357, verkauft der Domvikar Ludwig von Amöneburg der Präsenz rund 120 Morgen Ackerland und Weinberge in Finthen, die er 1356 von dem o.g. Ritter von Bodenheim erworben hatte. Zwar wird hier keine Mühle erwähnt, der Vorgang zeigt aber die „Geschäftsbeziehungen“ des Domkapitels mit Ritter Eberhard und damit den wahrscheinlichen Weg, über den die 1356 genannte Mühle in den Besitz des Domkapitels oder des Dompropstes gelangt sein wird. 1364/67 werden in dem Besitzverzeichnis des Mainzer Domprobstes zwei Mühlen als Eigengut verzeichnet. Über diese ist ein Streit an der römischen Kurie anhängig. Eine der beiden Mühlen wird wohl die frühere Mühle des Ritters Eberhard von Bodenheim sein, Eigenname und Standort der zweiten Mühle sind bislang gänzlich unbekannt. 1468 waren diese beiden Mühlen an den Lehnsmann des Probstes, Dico Reuber (die Schreibweise des Amtsmanns ist von Quelle zu Quelle unterschiedlich) vergeben.

Zwei Jahre zuvor, 1466, wird ein „Orte Snerre von Richelßheim“ als Beständer (Pächter) eines „molnflecken (Mühlenplatzes) unden ane dem dorffe Funthen bey der weyde“ genannt. Er sollte dort auf eigene Kosten eine Mühle bauen und jährlich an den Amtmann und Domkanoniker Salentin von Scharfenstein sowie dessen Nachkommen (als Amtmann) 10 Malter Korn liefern. 1490 verleiht das Domkapitel diese „neue“ Mühle für 10 Malter Korn an „Hen Schyt von Ingelnheym“. Scharfenstein hatte sie zuvor dem Kapitel als Seelgerätstiftung vermacht. Auch bei dieser nunmehr dritten Mühle wird der Eigenname nicht genannt, aber eine relative Ortsangabe. Dazu später mehr.

1624 formuliert der damalige Domprobst und spätere Mainzer Erzbischof und Kurfürst Georg Friedrich Greiffenclau von Vollrads sein drittes Testament. Darin ist vermerkt, dass verschiedene Ausstände noch nicht aufgeführt sind, darunter die, „der Mühle in Finthen“. 1771 erwähnt schließlich Pater Fuchs in seiner „Geschichte von Mainz“ in Bezug auf den Verlauf der römischen Wasserleitung von Finthen nach Mainz einen Müller und die relative Lage einer Mühle. Als ursprüngliche Quelle der Leitung benennt er den Königsborn und beschreibt von diesem ausgehend zunächst den Verlauf des Aquädukts:

„.. das Wasser lief in verdeckten Kändeln aus der Quelle oben im Berge herunter, bis in das Tal, nach den Berichten einiger 70 und 80 jähriger Bauern, welche es noch von ihren Vätern und Großvätern gehöret haben, soll noch zu den Zeiten, da die königlich französischen Truppen die Festung Mainz eingenommen hatten (1685) obgedachte Quelle in verdeckten Canälen bis in das Thal geleitet gewesen seyn, weswegen die junge Bauernbursche oft hätten Häksel und Spähne oben bey der Quelle in den Brunnen geworfen, welche weit unten im Tale wieder wären aus der Erde herausgekommen, nachgehends hätte der eine Müller Strittigkeit mit den Bauern zu Finten bekommen, so hätten etliche Bauern aus Rache die Quelle verdammet und verstopfet, die Canaäle aber hätten sie mehrentheils ausgegraben und verbraucht, oder verkauft.“

Etwas später heißt es:

„Der Zug der Wasserleitung gehet überall in geraden Linien vom Berge oben herunter zwischen Gonsenheim und Finthen über das Thal in der Gegend von der mittleren Mühle an dem Finter Berge durch den Fuhrweg und Weingärten…“

Weitere Quellen sind momentan nicht bekannt.

 

Schlussfolgerungen aus den Quellen

Aus den vorgenannten Quellen wird zunächst deutlich, dass es ab 1466 drei Mühlen in Finthen gegeben haben muss, die beiden des Domprobstes und die des Amtmannes von Scharfenstein, die in den Besitz des Domkapitels überging. Spätestens ab 1624 ist augenscheinlich nur noch eine Mühle im Besitz des Domprobstes. Weder die Art der Mühlen, noch ihre genaue Lage, noch ihre Eigennamen gehen aus den Quellen hervor. Lediglich bei der Mühle des Salentin von Scharfenstein ist eine relative Ortsangabe vorhanden, die es später zu interpretieren gilt.

 

Die Quellenangaben in Bezug zu den bekannten Mühlen

Die älteren historischen Quellen alleine ermöglichen wegen ihrer relativen Ortsangaben keine eindeutige Lokalisierung, weshalb eine Änderung der Methodik notwendig ist. Im Folgenden wird versucht die ihrem Standort nach bekannten, noch in der Neuzeit vorhandenen Mühlen, den historischen Belegen zuzuordnen. Tatsächlich finden sich in der Neuzeit Hinweise auf drei Mühlen, namentlich auf die „Jungenfeldmühle“ (auch Simonsmühle), die „Stärkmühle“, sowie die „Pfaff‘sche Dampfmühle“. Letztere ist allerdings eindeutig eine Neugründung des 20. Jahrhunderts ohne historische Vorgängerbauten und kommt damit als Fortbestand einer historischen Mühle nicht in Betracht. Somit bleiben zunächst zwei Mühlen zur näheren Erörterung übrig.

 
Die Jungenfeldmühle

1704 erwarb Edmund Gedult von Jungenfeld, Weihbischof in Mainz (s. Abb. unten), die später nach ihm benannte Mühle von Johann Philipp von Elkerhausen, genannt Klüppel. Aus den Unterlagen im Staatsarchiv Darmstadt geht hervor, dass besagter Klüppel diese Mühle von 1592 bis 1704 besaß. Zuvor werden von 1578 -1588 die Selten von Saulheim als Besitzer genannt. Eine explizite Akteneinsicht war bislang nicht möglich, Nachforschungen ergaben aber, dass Johann Philipps Großmutter, Anna Dorothea von Elkerhausen, eine geborene „Selten von Saulheim“ war. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass sie die Mühle als Mitgift in die Ehe mit Philipp Cuno von Elkerhausen einbrachte und diese über Vererbung schließlich an den Enkel Johann Philipp gelangte. Die genauen Besitzverhältnisse sind im Detail noch zu klären. Nach dem momentanen Kenntnisstand ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Klüppelsche Mühle quasi von 1578 bis 1704 für 126 Jahre in Besitz der Familien Selten von Saulheim und von Elkerhausen befand.

Mit dem Tod des Edmund Gedult von Jungenfeld 1727 wurde die Mühle Bestandteil seiner Erbmasse. Die genaue Erb- und damit Besitzfolge ist z.Zt. unklar. 1778 ist die Mühle Gegenstand eines Kaufvertrages, der entsprechende Eintrag lautet:

„1778 Mai 23 der Erbbeständer der v. jungenfeldschen Mühle in Finthen verkauft dem kaiserlichen Postmeister zu Mainz Franz Xaver v. Jungenfeld diese mit 800 fl. Hypothek belastete Mühle für 1.800 fl. wieder zurück“

Daraus folgern wir, dass sich die Mühle nach dem Tode des Edmund Gedult von JugenfeId für einen gewissen Zeitraum im Besitz des Franz Xaver v. Jungenfeld befand, bevor dieser sie verkaufte, aber 1778 wieder zurück erwarb. Der zwischenzeitliche Besitzer ist z.Zt. nicht bekannt. 1790 findet dann eine Vererbpachtung der Mühle zu Finthen durch die von jungenfeldsche Vormundschaft statt. An wen muss ebenfalls noch genauer erforscht werden, die Einsichtnahme in die Akten war bislang nicht möglich. Es scheint aber so, dass „Mathias Reichert“ (* 1765 Gonsenheim, +1836 Finthen) ab 1790 als besagter Pächter in Frage kommt, denn in einem Vertrag vom 05.02.1839 zwischen der Familie Jungenfeld und dem Müllermeister (Franz) Anton Simon (* 1784 Nieder – Olm, +1854 Finthen), übernimmt Anton Simon von seinem Vorgänger Mathias Reichert die Mühle in Erbpacht und zwar eine Mahlmühle mit Mahl und Schälgang. Die jährliche Pacht beträgt 20 Malter Korn und 50 Gulden Geld, die zwischen Maria Himmelfahrt und Maria Geburt zu zahlen ist.

In der Zeit von der Pachtung der Mühle durch M. Reichert bis zur Übernahme durch A. Simon ist eine Menge geschehen, denn ab 1792 werden in Folge der französischen Revolution die Zeiten in und um Mainz herum unruhig. Mehrmals belagern französische und deutsche, alliierte Truppen abwechselnd Mainz. Das Umland wird durch Einquartierungen sowie durch Konfiszierung von Haustieren und Lebensmittel stark in Mitleidenschaft gezogen. Eine Mühle dürfte im besonderen Fokus der Militärs gestanden haben, zumal sie als befestigter Platz genutzt werden konnten. 1797 wird Finthen bis 1814/15 ein Bestandteil Frankreichs, das alte Deutsche Reich römischer Nation sowie der Staat Kurmainz existieren nicht mehr. Vor der Übergabe der linksrheinischen Gebiete an die Franzosen werden in aller Eile Kartenwerke erstellt, in denen auch erstmals die Lage der Jungenfeldmühle dokumentiert wird.

Nach dem Wiener Kongress wird Finthen 1816 dem neu gegründeten Großherzogtum Hessen zugeschlagen. Obwohl die Mühle erst 1839 von A. Simon gepachtet wird, wird sie schon 1831 ist in einem Gemeinderats-Protokoll als Simonsche Mahl-Mühle bezeichnet. Es scheint so, dass die Mühle nach demjenigen benannt wurde, der sie vor Ort betrieb, unabhängig von den tatsächlichen Pacht- und Besitzverhältnissen. Im konkreten Fall war die Mühle zu diesem Zeitpunkt also noch von Mathias Reichert gepachtet, der sie möglicherweise an Anton Simon unterverpachtet hatte. Als Reichert'sche Mühle ist sie allerdings bislang nie in Erscheinung getreten. Ungeachtet dessen war nach wie vor die Familie von Jungenfeld Eigentümer. Ein Widerspruch ist ungeklärt, M. Reichert verstarb bereits 1836, in dem Vertrag von 1839 wird er aber als Vorgänger von A.Simon bezeichnet. Hier besteht weiterer Klärungsbedarf, wahrscheinlich fand kein direkter Übergang statt. In jedem Fall waren die Familien Reichert und Simon verwandtschaftlich verbunden. Am 18.04.1833 heiratet Johann Simon (*1808 Nieder-Olm, +1874, Finthen in der Simonschen Mühle), Sohn des Anton Simon und Müller in Finthen, Anna Maria Reichert, Tochter des Mathias Reichert, der zum Zeitpunkt der Hochzeit als Ackersmann und Müller bezeichnet wird. In den Steuerrollen von 1834 und 1836 erscheint Anton Simon sowohl als Müller und Bäcker. Sein Sohn Johann (I) wird im Geburts- und Sterberegister ebenfalls bis 1836 als Müller bezeichnet, ab 1838 allerdings nur noch als Ackersmann oder Ackerer.

1842 erfolgt die Urkatasteraufnahme durch das Großherzogtum Hessen. Es werden entsprechende Karten angefertigt, die unter anderem die damals üblichen Bezeichnungen der Flurstücke enthalten. 1848 wird der Verlauf des Mühlengrabens zwischen der Jungenfeldmühle und der oberen Aumühle dokumentiert. Es ist die bislang erste und einzige Überlieferung mit Grundrissen, die uns einen groben Überblick über die damalige Situation geben. Demnach besteht die Jungenfeldmühle aus einem Hauptgebäude mit angebautem Wasserhaus. Sie wird im Westen und Osten von Nebengebäuden umgeben. Ab 1860 wird Johann (II) Simon (1834 - 1894) in dem Geburts- und Sterberegister der Gemeinde als Müller bezeichnet. Er ist der Enkel von Anton Simon und Neffe des Johann I. Nach dem derzeitigen Forschungsstand ist er der letzte Müller in der Jungenfeld / Simonschen Mühle.

Aus dem Jahr 1887 ist uns ein „Plan über Herrichtung der teilweise abgebrannten Mühle nebst Wohnhaus für Herrn Johann Simon, Müller“ bekannt. Außer der Information über den Brand, sind uns erstmals Ansichten und Grundrisse zur Mühle überliefert, die wenigstens ab diesem Zeitpunkt eine bauliche Entwicklung nachvollziehbar machen. Das zweigeschossige Hauptgebäude besteht aus drei Abschnitten, die wahrscheinlich im Rahmen des Wiederaufbaus zu einer Einheit zusammengefasst wurden. Der westliche, rechte und wahrscheinlich älteste Teil besteht aus dem 3,28 m breiten Wasserhaus und der eigentlichen 7,30 m breiten Mühle. Daran schließt sich das 14,50 m breite Wohnhaus an, wodurch sich eine Gesamtlänge von 25 Metern ergibt.

Das Wohnhaus wies sieben Fensterachsen auf, die Mühle zwei. Es gab jeweils eine Zugangstür. Das Wasserhaus besaß hofseitig einen halbrunden Abschluss, der fast einen Meter aus der Fassade hervortrat und dem Wasserhaus einen turmähnlichen Charakter verlieh. Dieser führt bei den späteren Rekonstruktionszeichnungen von Eva Mayr-Loehr und Hans Pfeifer zu Fehlinterpretationen. Dort ist statt des Wasserhauses ein Rundtürmchen zu sehen. Das etwas über 4 Meter hohe Dach war auf der Wohnhausseite als Sattel-, auf der Mühlenseite als Walmdach ausgeprägt. Aus dem Mühlendach sprang analog zum Grundriss des Wasserhauses in halber Höhe der First des Wasserhauses hervor und schloss mit einem Halbrund ab, wodurch nochmals der Turmcharakter verstärkt wurde. Die Fassade des Hauses war schmucklos und einfach gehalten. Östlich schlossen sich in einem spitzen Winkel die drei Wirtschaftsgebäude an, die ebenfalls in einer Flucht aneinander gebaut worden waren. Auch sie dürften eine Front gebildet haben, wahrscheinlich aber nur eingeschossig. Dafür waren sie unterkellert, wie die derzeit laufenden Grabungen zeigen.

Knapp 20 Jahre später ist die Situation eine völlig andere. 1906 gehört das Mühlengelände Josef Seidel, der dort eine Konservenfabrik errichten möchte. Die Mühle mit Wasser- und Wohnhaus steht noch, die Nebengebäude wurden spätestens zu diesem Zeitpunkt abgerissen, wie aus einem Plan von 1906 zu erkennen ist. Damit endet die Geschichte der Jungenfeldmühle als solche. Die weitere Entwicklung ist eine eigene Geschichte, in deren Mittelpunkt die Entwicklung der 1906 gegründeten Konservenfabrik steht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das ehemalige Mühlengeäude nun mehrfach seine Funktion wechselt. Irgendwann werden der Mühlbach und das Wasserhaus außer Betrieb genommen und verfüllt, bzw. abgerissen. Die Besitzer wechseln noch ein paar mal, bis es in diesem Frühjahr zum Abriss kommt. Anfang der 90er Jahre bemühte sich der HGV vergeblich um das Objekt, um ein Vereinsheim und ein Heimatmuseum einzurichten.

 

Schlussfolgerungen zur Jungenfeldmühle

In den historischen Quellen ist von drei Mühlen in Finthen die Sprache. Bei zwei Mühlen ist eine relative Ortsangabe bekannt, die es zuzuordnen gilt. Die konkrete Lage der Jungenfeldmühle wird uns erstmals durch Kartenwerke von 1795 - 1797, die im Zusammenhang mit den ersten Koalitionskriegen von Mainz, Finthen und Umgebung angefertigt wurden, überliefert. Später folgen die Urkatasteraufnahme von 1842 mit den Bezeichnungen der Flurstücke, sowie eine Karte von 1848, die den Verlauf des Mühlgrabens skizziert. Die Mühle lag nordöstlich des Finther Ortskerns am Hang des Finther Berges und war über den Mühlenpfad erreichbar. Er begann an der Brücke, die den Aubach an der Stelle überspannte, an der die damaligen Dorfstraße (heute Poststraße) in die Steige überging. Das war die alte, nach Gonsenheim führende Verbindung.

Die Straße im Tal, die heutige Gonsenheimer Straße, existierte noch nicht, sie entstand erst um 1912. Die Trasse des Mühlenpfades verlief etwas östlich der Trasse der heutigen Gonsenheimer Straße. In Höhe der Mühle schwenkt er nach Nord-Westen über das heutige Firmengelände der Fa. Bus Lehr und mündete in den Weg nach Mombach, dem heutigen Parallelweg zur Straßenbahntrasse der Linie 51. Teilweise ist der Weg immer noch gut im Kataster erkennbar. Zusätzlich war die Mühle über den Eselspfad „verkehrstechnisch“ an die Steige angebunden angebunden. Ein Teilstück des Pfades ist im westlichen Teil des Kakteenwegs erhalten geblieben.

Ausgehend von dem Ortsmittelpunkt am „Dalles“, heute Kreuzung Post-, Jungenfeldstraße und Kirchgasse, war es ungefähr ein Kilometer Wegstrecke zur Jungenfeldmühle. Vom nördlichen Ortsrand, der 1842 etwa in Höhe der Häuser Poststraße 109 / 174 lag, waren es immer noch rund 700 Meter. Durch die Karte von 1842, in der die Bezeichnungen der Flurstücke aufgeführt sind lässt sich ein direkter Bezug zur o.g. Urkunde von 1356 und damit zu Mühle des Ritter Eberhard von Bodenheim herstellen. In besagter Karte sind in die Flurstücke „An der Mühle“, bzw. „Hinter der Mühle“ in unmittelbarem, räumlichen Zusammenhang mit der Jungenfeldmühle verzeichnet. Die Bezeichnungen der Flurstücke stimmen wiederum mit den lateinischen Bezeichnungen in der Urkunde des Ritters von Bodenheim überein.

Auch wenn die Dokumentation lückenhaft und zumindest die mittelalterliche Baugeschichte weitgehend ungeklärt ist, stand das jetzt abgerissene Mühlengebäude in der Tradition der Mühle des Ritters von Bodenheim und damit über 650 Jahre an diesem Ort. Wie viel der alten Mühle noch in dem letzten Baukörper vorhanden war, lässt sich wohl nie mehr klären. Lediglich die zur Zeit laufenden archäologische Grabung kann uns noch weitere Aufschlüsse zur Historie des Geländes liefern. Und darauf sind wir sehr gespannt. Ingo Schlösser